Eine Legende feiert den achtzigsten Geburtstag.
Fritz Koširs Mad Club – seit unzähligen Jahren Kultstätte mit bester Musik – bekannt weit über die Voitsberger Grenzen hinaus – ist mittlerweile seit Generationen Treffpunkt von Hardrockern bis zu Stubenhockern. Hier sitzen und tanzen die unterschiedlichsten Menschen neben- einander und verstehen sich prächtig. Neben der Gabe große Jazz-, Blues- und Rockmusiker in seinen Mad Club zu bringen, verfügt Fritz Košir auch über die Fähigkeit, sein Publikum zu begeistern. Das Lokal, in dem die Zeit in den siebziger Jahren stehengeblieben ist, strahlt Gemütlichkeit und Wärme aus. Hier kann man aus sich herausgehen – sich aber auch zurückziehen.
Um 1780 wurde das Anwesen in der Hochtregisterstraße 2 in Bärnbach erbaut. Bis 1935 hieß das Lokal Gasthaus Kirchweger. Durch den frühen Tod seines Vaters unterstützte Fritz Košir nach dem Schulbesuch in Piber schon als 15-jähriger tatkräftig seine Mutter. Der Wirt der ersten Stunde wurde im Laufe der Jahre nicht nur zu einem großen Liebhaber der bildenenden Künste, sondern auch zum enthusiastischen Musikfan. Irgendwann mutierte mutierte das „Gasthaus Košir“ nach amerikanischem Vorbild und der Sucht nach Blues und Rock zum „Mad Club“. Getauft nach dem legendären New Yorker Etablissement, in dem Frank Zappa seinen Freunden jedes Jahr ein Gratiskonzert kredenzte.
Der Voitsberger Künstler Norbert „Notti“ Kravcar schuf die unverwechselbare Elefantenfrau, die zum Signum der Bärnbacher Kultur avancierte und seither als Logo lebensgroß auf der Mad-Club-Fassade zu sehen ist.
Wie die meisten kreativen Menschen erfuhr auch Fritz Košir viel Abneigung aus der Gegend. Neider und Mißgünstige kämpften gegen seinen Standort und wollten „diesen Schandfleck des Bezirkes“ für immer eliminieren. Um das Lokal vor dem Abriss zu bewahren, setzte der in Los Angeles lebende Künstler Gustav Troger – geboren in Kohlschwarz in der Weststeiermark – ein symbolisches Zeichen und kettete das Lokal an einer Eisenkugel mit 210 Zentimetern Durchmesser an. Er schuf damit ein nicht zu übersehendes künstlerisches Signal gegen die Zerstörung des Hauses. Inspiration für die Kunstaktion, die der Bildhauer mit dem Namen „Nailed“ betitelte, war der Ausbruch von Clarence Anglin aus dem kalifornischen Hochsicherheitsgefängnis Alcatraz im Jahr 1962. Gustav Troger, in dessen Werk die Motive des Gefangenseins und Ausbrechens große Wertigkeit haben, ist aber nur einer von vielen Kreativen, die dem Haus ihren Stempel aufgedrückt haben. Unübersehbar thront oberhalb der Elefantenfrau das Symbol der „Lord Jim Loge“ von Jörg Schlick. Die Loge verstand sich als ein „Männerbund des genuinen Widerstands gegen Denk- und Verhaltensschablonen“ und versammelte so illustre Persönlichkeiten wie Martin Kippenberger, Albert Oehlen, Max Gad, Walter Grond und Wolfgang Bauer.
In den seit den siebziger Jahren architektonisch unveränderten Gasträumen finden sich Bilder von Künstlern der Umgebung. Eine nostalgische Galerie, die durch die dunkle (Hartplastik-?) Kassettendecke eine einzigartige Atmosphäre ausstrahlt. Präsent ist hier die Erinnerung an Zeiten, in denen Plateauschuhe, Schlaghosen, Hotpants und Koteletten up to date waren. Die klappernden Geräusche der Holzclogs sind scheinbar für immer konserviert. Vom Wrigley-Kaugummispender bis zur zerbrochenen Toilettenbrille ist die Location ein Gesamtkunswerk.
Überall hängen Werke von Peter Hauser, Harald Rohrer und dem Voitsberger Grafiker Herbert Guppa. Dazwischen steht die lebensgroße Mad-Club-Ele- fantendame als geschnitzte Skulptur des Bärnbacher Bildhauers Johann Mandl (ein exklusives Geschenk von Freunden zum 77. Geburtstag an Fritz Košir). Von Sohn Fritz hängt unübersehbar groß das Werk „200 Motels“ an der Wand – gemalt für seinen Vater, den großen Zappa-Fan. Es greift Drehbuchmotive des humoristischen Musikfilms „200 Motels“ auf, bei dem Tony Palmer und Zappa Regie führten und der 1971 in Beverly Hills uraufgeführt wurde.
Die umfangreiche musikalische Welt des Fritz Kosir ist durch die Erinnerung an hunderte legendärer Konzerte verewigt, die im Laufe der Jahrzehnte statt- fanden. Als Kultur- und Musiktreffpunkt wurde der Mad Club schon früh ein traditionelles Aushängeschild des Bezirkes Voitsberg.
Der amerikanische Kontrabassist Wayne Darling gab sich hier die Ehre. Oliver Mally mit seiner Band „Blues Distillery“, der unvergessliche Trompeter „Lee“ Harper, der Leibnitzer Schlagzeuger Manfred Josel, Gerd Schuler, dessen stilistische Vielfalt von Rock, Pop, Fusion, Blues, Jazz, Klassik, Experimental und Free bis hin zur Volksmusik reicht, Jazz-Drummer Erich Bachträgl – leider viel zu früh verstorbener Professor für Schlagzeug-Jazz an der Kunstuniversität in Graz – sie alle traten hier auf. Und diese Liste ließe sich ad infinitum fortsetzen.
Herwig Rüdisser, Ewald Pfleger, Kurt René Plisnier und Günter Grasmuck rockten schon im Mad Club, bevor sie als Opus den internationalen Durchbruch schafften. Lange bevor 1980 ihre erste Schallplatte „Daydreams“ auf den Markt kam. Der Bluesmusiker, Singer-Songwriter und Gitarrist Ripoff Raskolnikov gab am Beginn seiner musikalischen Tätigkeit Folksongs im Bärnbacher Club zum Besten. Zwischendurch schaute Konstantin Wecker bei Fritz Kosir vorbei und nahm en passant eine Platte gleich ein paar Meter neben dem Lokal im „Mozaik-Studio“ Rosenzopf-Kolb auf, wo ein Duett mit Fritzens Enkeltochter eingespielt wurde.
Zum 59er-Fest reiste die „Beatles Double Group“ an und legte für Fritz Košir einen legendären Auftritt hin. Offiziell sollte es der 60. Geburtstag sein. Die Mathematik hatte aber einen Streich gespielt und das Fest fand 12 Monate zu früh statt. Im Jahr darauf wurde der runde Geburtstag einfach wiederholt.
Fritz, Du hast es geschafft, den Mad Club zu einem unverwechselbaren Symbol für Musik und Kunst zu machen. Ebenso zu einem Symbol des Widerstands gegen Einäugigkeit und konservatives Denken. Das Programm des Mad Clubs in Lausanne zeigt sich im Gegensatz zu Deinem bescheiden. Das Original in den USA hast Du mit Deinem Kulturtempel schon lange ausgebremst. Die Auswahl der Getränke bei Dir ist legendär. Wo kann man schon zwischen einer Natriumbombe namens „Preblauer“, Deinem berühmten Gravensteiner Brand oder dem gefährlichen „Paragleiter“ (Wodka, Gin, Amaretto und Red Bull) wählen? Das Einsermenu „Wurstsemmel“ sowie das zweite kulinarische Angebot „Käsesemmel“ (nur gegen Vorbestellung oder am Karfreitag) möchte niemand missen. Fritz, Du charismatischster aller steirischen Kulturmotoren, Sportwagen-Enthusiast, legendärer Lotus-Zerstörer und Gendarmenschreck: Treibe weiterhin in Deinem unverwechselbaren Mad Club Dein Unwesen. Viel Gesundheit und Glück im neuen Lebensjahr! 18. Februar 2016
Aus der Portraitreihe: Westendstorys von R.W. Sackl-Kahr Sagostin
Photographie & Text: Robert W. Sackl-Kahr Sagostin
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